FUJIFILM X-PRO1

EINE NEUE LIEBE


Nun ist es doch passiert. Das Leben ist halt voller Überraschungen. Ich dachte, mit meinen auch analogen Schätzchen in einer dauerhaften Beziehung leben zu können - aber weit gefehlt. Als ich die Neue zum ersten mal sah, gab es kein Halten mehr. Ihr zurückhaltendes und klassisches Aussehen, schlug mich in ihren Bann und - es war so wie damals, wenn mir ein junges, hübsches Mädchen zulächelte. Ich sehe natürlich ein, dass eine solch elegante, dezent gestylte Kamera heute eher zu mir passt und ich damit gewiss auch mehr anzustellen weiss.


Nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Meiner sonstigen digitalen Ausrüstung werde ich Lebewohl sagen und in eine Zeit zurückkehren, wo Fotografieren mit der traditionellen Kontrolle von Verschlusszeit und Blende in Verbindung gebracht wurde. Und in eine Zeit, wo man noch den Respekt vor den alten Werten und der feinmechanischen Wertarbeit nicht gänzlich verloren hatte. Man fühlt sich versucht, an die damals wie heute aberwitzig teure, technisch etwas angestaubte und trotzdem unglaublich kultige Solmser Kameraschmiede zu denken. Aber die X-Pro1 ist keine Kamera mit Messsucher, sondern eine echte Autofokus-Kamera und somit ist sie nur bedingt für die Verwendung von manuell zu fokussierenden Objektiven geeignet.

Wer sich - so wie ich - für das etwas puristische und vor allem klassische Design mit seinen konventionellen, mechanischen Bedienelementen begeistert, bekommt ein neuartiges, kompaktes Kamerasystem in die Hand - und dort liegt sie gut und fühlt sich leichter an, als es zunächst den Anschein hat. Vom traditionellen Auftritt und den mechanischen Einstellelementen darf man sich nicht täuschen lassen, die X-Pro1 ist mit modernster digitaler Fototechnik vollgepackt.


Aber was ist es, was die X-Pro1 so einzigartig und anziehend macht? Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, erhält man für den nicht unbeträchtlichen Anschaffungspreis eine präzis gefertigte, hochwertige Messsucherkamera. Die Grundkonstruktion des Gehäuses ist aus einer Magnesium-Legierung gegossen. Das Design orientiert sich an den Klassikern aus den 1970er-Jahren. Mit APS-C-Sensor, mit drei lichtstarken Objektiven sowie einem neuartigen Multi-Hybrid-Optischen-Sucher. Unzweifelhaft eine wunderschöne Kamera, die nicht alles kann, aber was sie kann, das macht sie richtig gut!


Und für alle, die eine, sogar im Vergleich zu Vollformat-Kameras, herausragende Bildqualität suchen, liegen bei ihr goldrichtig. Man bewegt sich in Sachen Bildqualität tatsächlich auf dem Niveau etablierter DSLR-Kameras mit Vollformat-Sensor. Dabei ist die X-Pro1 jedoch um ein ganzes Haus kompakter und leichter.


Das von mir verwendete Objektiv Fujinon XF 35mm F1.4 besticht durch eine unglaubliche Detailschärfe und einem in den meisten Fällen fixen Autofokus. Wobei ich auch sagen muss, dass Sport- und Action-Fotografen nicht zu meinen bevorzugten Einsatzbereichen zählen. Da kommt der Autofokus sehr schnell an seine Grenzen und können andere doch besser.


Vom Grundsatz her sehr solide und angemessen wertig verarbeitet, gefiel mir der zu leichtgängige Blendring des 35er überhaupt nicht. Ich habe es gegen ein Objektiv aus einer aktuellen Liefercharge getauscht, welches diese Auffälligkeit nicht in dem Umfang aufwies. Die Gegenlichtblende sitzt auch nicht so perfekt, verloren habe ich sie aber noch nicht. Bei dem 60er gab es hingegen nichts zu meckern. Alleine die Gegenlichtblende erscheint mir überdimensioniert. Das 18er zählt nicht zu meiner Ausrüstung. Mal grünen Tee trinken und abwarten, wie sich die für die nahe Zukunft angekündigten Objektive schlagen werden. Das Fujinon XF 14mm F2,8 klingt verheissungsvoll.


Was ich als Brillenträger vermisse und mich sehr verwundert, die X-Pro1 besitzt doch tatsächlich keine eingebaute Dioptrien-Verstellung. Die kleine X100 hat es jedenfalls.


Wer vorzugsweise RAW-Dateien verarbeitet, wird unter Umständen derzeit nicht so ganz glücklich werden. Nicht alle Anbieter von externen RAW-Konverter wollen oder unterstützen noch nicht die X-Pro1. Die Silkypix-Versionen 4 und Pro führen bereits in der Liste der unterstützten Kameramodelle die X-Pro1 mit auf. Im Lieferumfang der Kamera enthalten ist eine Spezialversion von Silkypix zum konvertieren der RAW-Dateien, jedoch mit Benutzeroberfläche, die an Windows 95 erinnert. Man kann aber sicherlich davon ausgehen, dass in naher Zukunft weitere RAW-Konverter die X-Pro1 unterstützen werden. Ich vertraue derweil dem internen RAW-Konverter und habe mich davon überzeugt, dass die Qualität der damit optimierten JPEGs aus der Kamera überragend sind. Mit dem eingebauten RAW-Konverter lässt sich ein ganze Reihe von JPEG-Parameter steuern, die ich vor oder nach der Aufnahme festlegen und natürlich jederzeit auf bestehende RAW-Dateien immer wieder neu anwenden kann. Manch ein User wird aus diesem Grunde sogar auf die externe RAW-Entwicklung ganz verzichten wollen.


Als optionales Zubehör erhältlich, verleiht der Handgriff der Kamera mehr Grip und liegt damit auch besser in meinen etwas großen Händen. Das LCD-Display wirkt auf mich hell und sehr scharf in der Darstellung der Informationen. Ein Leckerbissen und eine technische Innovation ist der Hybrid-Optische-Sucher, der es möglich macht, Informationen des elektronischen Suchers in das optische Sucherbild einzublenden. Man hat einfach alles im Blick und es macht riesigen Spaß, mit der Kamera zu fotografieren.


Keine Frage, diese Kamera wurde zum Fotografieren geschaffen. Wenngleich auch für mich nicht in allen Belangen die optimale Kamera, aber verdammt nah dran. Überhaupt ist mir die perfekte Kamera noch nie in die Hände gekommen - und so werde ich mich erstmal entspannt zurücklehnen und zwischendurch ganz ungezwungen auf Entdeckungsreise nach dem perfekten Motiv gehen. Dank ihrer Kompaktheit und unscheinbaren Retro-Looks wird sie mir leichter und unauffälliger Zugang zu Personen und Situationen eröffnen, der mir mit großen Spiegelreflexen oftmals verwehrt blieb.


Für mich stellt die X-Pro1 ein beachtliches Werkzeug und eine neue Herausforderung dar. Mal sehen, wie lange ich dieser verführerischen Schönen treu bleiben werde.



ETWAS SPÄTER

Nun habe ich mit der Schönen einige Zeit verbracht und bereits Höhen und Tiefen erleben dürfen. Zu den positiven Seiten zählt eindeutig die exzellente Bildqualität. Leider haben sich aber auch ein paar negative Charaktereigenschaften herausgestellt, trotz der versprochenen kompromisslosen Qualität bis ins letzte Detail. Nervig, lästig und angesichts des Anschaffungspreises sehr ärgerlich. Herausstechend zunächst die Leichtgängigkeit des Blendenringes auch des zweiten 35mm-Objektivs. Die Einstellung geht bei leisesten Kontakt verloren. Auf die Sonnenblende muss man auch besonders achten, ansonsten hat sie sich schnell davongemacht. An der Kamera selber verstellen sich zu leicht folgende Bedienelemente: Der Einstellring für die Belichtungskorrektur, die Q-Taste bzw. Schnellmenü-Taste mit ihren Einstellungen, der Drehschalter zur Auswahl des Fokusmodus und selbst der Einschalthebel, sobald die Schöne in meine Kameratasche geschoben wird. Eine weitere Schikane: Auch der viereckige Akku lässt sich bei schlechten Lichtverhältnissen tatsächlich verkehrt herum oder rückwärts einsetzen. Dass der vollgeladene Akku bei der Verwendung nur des optischen Suchers für 300-400 Aufnahmen reichen soll, ist ein Witz, jedenfalls nach meinen Erfahrungen. Wie soll bei den aufgezählten Punkten ein Firmware-Update Abhilfe schaffen können? Eine gewisse Disharmonie hat somit in unserer Beziehung Einzug gehalten und eine Trennung scheint mir nicht mehr undenkbar.



NOCH ETWAS SPÄTER

Das Firmware-Update 2.0 brachte wie erwartet zu den aufgezeigten Kinderkrankheiten der Kamera keine Besserung. Man wird wohl oder übel auf eine verbesserte Version der X-Pro1 oder die neue X-E1 warten müssen. Das kommt für mich allerdings nicht in Frage und so habe mich von dem schönen Biest getrennt. Es bleibt mir aber noch die kleinere Schwester X100, mit der ich mich noch eine Weile tröste.



DAS SCHÖNE BIEST IST ZURÜCK

Drei Jahre nach der Trennung habe ich wieder meiner Leidenschaft für klassische, edel verarbeitete Kameras nachgegeben - alte Liebe ist doch eine so süße Verzweiflung. Nein, es waren schon ein paar handfeste Argumente, die uns wieder zusammenbrachten. So hat Fuji in den vergangenen drei Jahren mit Firmware-Updates viele Bugfixes behoben und neue Features in die X-Pro1 hineingepackt. Zudem gehört die nervige Leichtgängigkeit des ein oder anderen Bedienelementes der Vergangenheit an, die Kamera ist damit ihren Kinderkrankheiten entwachsen. Das mir heute zur Verfügung stehende Exemplar weist jedenfalls diese Macken nicht mehr auf.


Eine Betrachtung spielte noch eine gewichtige Rolle: In der X-Pro1, verrichtet der gleiche 16 Megapixel X-Trans Sensor seinen Dienst, der auch in den Modellen X-E2, X-T10 und X-T1 zum Einsatz kommt. Wer also einer dieser Kameras benutzt, der erhält im Prinzip die gleiche Bildqualität.


Die X-Pro1 werde ich nur mit einem Objektiv einsetzen, dabei vielleicht einmal die Adaption eines MF-Objektivs mit M-Bajonett ausprobieren. Einen Adapter von Fuji, der einige Informationen des Objektivs übertragen kann, gibt es ja. Das schöne Biest, eine Kamera für entschleunigtes Fotografieren eben.



EINE SCHARFE LINSE FÜR DAS SCHÖNE BIEST

Die Entscheidung fiel letztendlich gegen die Adaption eines MF-Objektives mit M-Bajonett aus. Die XP1 ist eben trotz Hybrid-Sucher für das Fotografieren mit manuell fokussierenden Objektiven nur bedingt geeignet, da nur eine elektronische Sucherlupe zur Verfügung steht. Focus Peaking oder vergleichbare manuelle Fokussier-Hilfen stehen hier nicht zur Verfügung. Das wird bei einer künftigen XP2 hoffentlich anders aussehen und würde dann neue Möglichkeiten eröffnen. Da es aber nicht unbedingt wieder ein Fujinon sein sollte, erregte schnell das Zeiss Touit 32mm f/1.8 Planar meine Aufmerksamkeit. Das vielfach gelobte Fujinon 23mm f/1.4 hatte ich auch in Erwägung gezogen, war auch von der Brennweite sehr interessant, aber für meinen Geschmack dann doch zu voluminös und auch kein Leichtgewicht.


Nun, die High-End-Linsen von Zeiss mit ihrem knackigen Kontrast und den lebendigen Farben haben einen sehr guten Ruf und so wurde das solide gefertigte und sehr gut ausbalancierte Touit 32mm f/1.8 Planar zusammen mit der XP1 meine bevorzugte Kombination.



DIE X-PRO2 - EINE WÜRDIGE NACHFOLGERIN

Die Fangemeinde hat einige Jahre auf eine Nachfolgerin der XP1 warten müssen. Nun ist sie endlich verfügbar. Wie erwartet, erscheint sie im Design einer Messsucherkamera und hat zahlreiche Neuerungen zu bieten. Mit einem komplett neuen 24 Megapixel-Sensor - diesmal von Sony - ausgestattet, bietet die X-PRO2 die bislang höchste Sensor-Auflösung aller Fuji-Kameras. Als weiteres Highlight zeigt sich ein neues AF-System mit über 273 Messpunkten und davon 77 Phasen-Messpunkte. Die Geschwindigkeit dieses AF-Systems soll laut Fuji noch mal deutlich verbessert worden sein. Der mechanische Verschluss bietet nun eine kürzeste Verschlusszeit von 1/8000 Sekunde. Zudem steht eine elektronische Verschlussoption bis 1/32.000 Sekunde bereit. Ein leistungsstarker neuer Prozessor ist für eine schnelle Datenverarbeitung verantwortlich. Als besonderer Leckerbissen sollte sich der Hybrid-Sucher erweisen, der die optische und elektronische Bauweise auf raffinierte Weise miteinander verbindet. Der elektronische Sucher löst nun mit rund 2,4 Megapixeln auf, was ein erstklassiges Bild verspricht. Das sind aber jetzt nur einige der neuen technischen Spezifikationen. Viele werden die Fans glücklich machen.

NIKON D600

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BROCANTE, CHATEAUX VILLANDRY, RIVAU, MONTPOUPON UND PARC RICHELIEU :: 9 Seiten und 27 MB

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